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"Nicht mehr nur von der Landwirtschaft abhängig"
Wie ein Landwirt aus dem Hohenlohekreis zum Energieerzeuger wurde...
„Meine Tierchen“, sagt Landwirt Thomas Karle und gerät dabei ins Schwärmen. Der Allrounder aus Kupferzell-Füßbach mag „seine Tiere.“ Er hat inzwischen mehr, als der mächtigste Rinderbaron in Argentinien oder der größte irische Schafzüchter.
Das Anwesen ist wie er 52 Jahre alt, gegründet 1958 mit zwölf Hektar Land und nicht mal zehn Stück Vieh. Feil ist hier groß geworden. „Als kleiner Bub wollte ich immer Lastwagenfahrer werden“, sagt der Schefflenzer. Doch er wird kein Truckerfahrer, sondern Treckerfahrer. Heute bewirtschaftet der 52-jährige eine Fläche von 100 Hektar. Weizen und Raps baut er an und - unter anderem - Miscanthus und Energiehölzer. „Zwei Drittel entfallen bei mir auf die Nahrungsmittel, ein Drittel auf die Energie“, so Feil. Sein Fazit: „Teller und Tank - beides ist möglich!“
„Bei einem Hund kann man sehen, ob es ihm gut oder schlecht geht, aber meine Tierchen haben keine Augen und keine Ohren“, sagt Karle, „trotzdem sind es Lebewesen, die man pflegen muss!“ Seine „Tierchen“ danken es dem Landwirt, täglich liefern sie über eine Biogasanlage so viel Energie wie 2.000 Liter Heizöl.
Inzwischen weiß Thomas Karle auch, worauf es bei der Pflege ankommt. Das war nicht immer so, fast zehn Jahre lang hat er experimentiert und ausprobiert: Ende der 1990er Jahre denkt der Landwirt dann über ein zweites Standbein neben der Schweinezucht nach.
Der Grund: die „Zwänge auf dem globalisierten Agrarmarkt“. Den Preisdruck empfindet er als brutal. „Landwirt-Romantik gibt es nur noch im Bilderbuch“, sagt Karle rückblickend.
Als er sich erstmals mit dem Thema „Biogas“ beschäftigt, gibt es kaum Anlagen in Deutschland. „Ich musste weit reisen, um mir überhaupt eine funktionierende Anlage ansehen zu können“, sagt der 45-jährige. Im „tiefsten Bayern“ wurde er fündig. „Damals gab es in ganz Deutschland vielleicht 100 Biogasanlagen“ Heute sind es rund 5.000. „Man musste viel Pioniergeist mitbringen, die Technik der Anlagen war damals lange nicht ausgereift“, erinnert sich der Landwirt, „da brauchte man schon gute Nerven.“
Inzwischen hat sich viel getan. Karles Anlage ist immer größer geworden, von 50 kw auf 500 kw. Und sie läuft stabil, so stabil, dass er bis zu 1.000 Haushalte mit Strom beliefern könnte. Mit Wärme versorgt er über das Füßbacher Nahwärmenetz schon ein Gewerbeunternehmen und 20 Privathaushalte. „Den Leuten hier gefällt das richtig gut“, freut sich der 45-jährige.
Produziert wird die Energie in einem riesigen Topf, dem „Stall der Tierchen“. Er hat ein Fassungsvermögen von 1,6 Millionen Litern. Hier zersetzen die Bakterien die Biomasse, Methangas entsteht und treibt bei der Verbrennung einen Stromgenerator an. Die Temperatur im Inneren ist immer gleich, egal ob es draußen schneit oder die Sonne strahlt.
Karle achtet vor allem auf die Biomasse, die „Nahrung der Tierchen“. Während heute viele Landwirte Energiepflanzen anbauen und dann in ihre Biogasanlagen einbringen, hat sich der Pionier auch hier für einen anderen Weg entschieden: „Ich schaue, wo es Stoffe gibt, die nicht genutzt werden.“ So liefern ihm Safthersteller ihre Obstreste, von Großmärkten kommen Salat- und Gemüseabfälle, dazu die Gülle seiner 800 Mastschweine und pflanzliche Reste vom eigenen Acker. „Im Laufe der Jahre habe ich herausgefunden, was zur Anlage passt!“
Nebenbei entsteht aus dem, was „die Tierchen“ übrig lassen Dünger, 100%ig natürlich. „Da lege ich großen Wert drauf“, so Karle. Die Gärreste werden auf dem Hof in einem modernen Verfahren getrocknet, in kleine Röllchen gepresst (Pelltets) und in Eimer abgefüllt. „So schließt sich der Kreislauf von der Natur für die Natur“, sagt Karle. Ein weiterer Vorteil: Die Dünger-Pellets lösen sich auf und zerfallen, ohne dass dabei ein unangenehmer Geruch entsteht. „Nadu“ heißt das Produkt aus Kupferzell-Füßbach, das inzwischen in regionalen Gartenmärkten oder Blumengeschäften verkauft wird.
Die kleinen Röllchen sind auch als „Öko-Naturdünger“ nach den EU-Vorschriften zugelassen. Und so mancher Hobbygärtner im Hohenlohekreis schreibt die neue Blütenpracht vor der Tür dem Dünger der „Tierchen“ zu.
„Ich bin jetzt nicht mehr nur von der Landwirtschaft abhängig“, stellt der Hohenloher zufrieden fest. Fast zehn Jahre hat es gedauert, bis es soweit war und ohne „meine Tierchen“ hätte er es wohl nicht geschafft. „Die arbeiten für mich Tag und Nacht, 24 Stunden lang, unaufhörlich“, sagt Karle und schmunzelt: „Die machen keinen Urlaub und keinen Feierabend, meine Tierchen sind die besten Mitarbeiter, die man haben kann!“