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Steinfurter Bürger im Bioenergiedorf SiebeneichWissenstransfer in der Bioenergie-Region in der PraxisHohenlohe-Odenwald-Tauber: Auf Initiative der Energieagentur Main-Tauber-Kreis besuchten in der vergangenen Woche 35 interessierte Einwohner von Steinfurt mit Bürgermeister Schreglmann und dem örtlichen Gemeinderat Otto Bundschuh an der Spitze das Bioenergiedorf Siebeneich bei Bretzfeld im Hohenlohekreis. Ziel der Informationsfahrt war es, das gläserne Bioenergiedorf kennenzulernen und im Rahmen der Bioenergie-Region Hohenlohe-Odenwald-Tauber den Wissenstransfer zu nutzen und die eigenen Ideen und Vorstellung zu einem angedachten „Bioenergiedorf Steinfurt“ mit den dortigen Vorgehensweisen und Erfahrungen abzugleichen. |
Gleich zu Beginn konnte man beim Rundgang über das Gelände der Biogasanlage Weibler erfahren, dass die Vorbedingungen in Siebeneich vor nur 2 Jahren den Gegebenheiten in Steinfurt sehr ähnlich waren: Bei einer Biogasanlage, die vor Ort umweltfreundlichen Strom produziert, wurde die anfallende Abwärme nicht genutzt sondern an die Umgebung abgegeben. Auf Initiative einiger Bürger wurde der Bau eines Nahwärmenetzes in die Wege geleitet und heute sind bereits mehr als die Hälfte der Haushalte des Ortes an dieses Nahwärmenetz angeschlossen und profitieren von einer Wärmelieferung, die deutlich günstiger ist als die Wärme, die durch Öl oder Gas im eigenen Haus produziert werden könnte. Mit großem Interesse hörte man hierzu die Erfahrungen und Ausführungen des Biogaslandwirts Weibler und konnte im Anschluss auch die Hackschnitzelanlage besichtigen, die als Sicherheit bei einem sehr unwahrscheinlichen Ausfall der Biogasanlage dient und zugleich die Lastspitzen an sehr kalten Tagen abdeckt. Interessante Details waren hier insbesondere die Informationen, dass die angeschlossenen Bürger die Energie zur Warmwasserbereitung von Mai bis August sogar kostenlos beziehen und die Bezahlung der Wärme zum Beispiel auch durch Hackschnitzellieferungen aus dem eigenen Privatwald erfolgen kann.
Weiter ging es danach zu einem innovativen Heizmateriallager der Firma Huber. Mit Chinagras wird hier die Wärme für mehrere Wohneinheiten und einen Produktionsbetrieb, der 55 Tonnen Fleisch und Wurst pro Woche verarbeitet, bereitet. Auf einer Fläche von 7 Hektar wird vor Ort diese Schilfart, die auch unter dem Namen Miscanthus bekannt ist, ohne den Einsatz von Spritz- oder Düngemittel angebaut und einmal im Jahr mit einem Ertrag von ca. 23 Tonnen pro Hektar gehächselt und zur Beheizung verwendet. Die Ernte entspricht somit ca. 5500 Liter Heizöl pro Hektar.
Die nächste Station war die Besichtigung einer Wärmeübergabestation in einem privaten Wohnhaus. In einem gegenüber herkömmlichen Heizanlagen sehr kleinen Wandgerät wird die Wärme aus dem Nahwärmenetz über einen Wärmetauscher an das Wärmenetz des Wohngebäudes abgegeben und gleichzeitig gemessen. Neben dem geringeren Platzbedarf fallen für den Besitzer keine Kosten für Wartungsarbeiten und Kaminreinigung usw. an.
In der nahegelegenen Besenwirtschaft stellte danach Reinhold Brück, Ortsvorsteher von Siebeneich und Mitinitiator der genannten Maßnahmen den Weg der Gemeinde zum Bioenergiedorf genauer dar und gab einen Ausblick auf die weiteren Planungen und Vorhaben. Grundsätzliches Ziel der Initiatoren und Einwohner war es nach Ausführung von Brück immer, bilanziell den gesamten Strombedarf der Gemeinde selbst auf umweltfreundliche Weise zu erzeugen und dies zugleich auch mindestens zur Hälfte für den anfallenden Wärmebedarf zu erreichen, sodass man auch die Bezeichnung „Bioenergiedorf“ tragen durfte.
Dies jedoch immer auch unter der Voraussetzung, dass für alle Beteiligten eine Win-Win-Situation eintritt und nicht nur eine Seite von den Maßnahmen und Ergebnissen profitiert. Dies sei bisher mit beachtlichem Erfolg gelungen und mittlerweile ist das Interesse insbesondere an weiteren Anschlüssen an das Nahwärmenetz so groß, dass sogar über eine Erweiterung der Biogasanlage nachgedacht wird.
Zusammenfassend konnten die Steinfurter Bürger die Erfahrung machen, dass die Voraussetzungen in Steinfurt denen in Siebeneich sehr ähnlich sind. Themen wie Versorgungssicherheit, Kosten und mögliche finanzielle Förderungen, Betriebsorganisation und Probleme und Schwierigkeiten bei der Umsetzung bildeten die Schwerpunkte bei der abschließenden Diskussion.
Übereinstimmend konnte festgestellt werden, dass die Gemeinde Steinfurt eine sehr günstige Ausgangssituation besitzt. In Verbindung mit den Ergebnissen einer nach einer Informationsveranstaltung im November bereits durchgeführten Fragebogenaktion, die derzeit von einem Ingenieurbüro ausgewertet wird, soll über das weitere Vorgehen entschieden werden und man war sich abschließend darüber einig, dass der Weg zum Bioenergiedorf für Steinfurt eine starke Option darstellt.
Bilder: Interessiert verfolgen die Steinfurter Bürger mit Bürgermeister Schreglmann und Ortsvorsteher Bundschuh die Ausführungen von Siebeneichs Ortsvorsteher Reinhold Brück. Fotos: Energieagentur Main-Tauber (eamt).