Bioenergie-Region Hohenlohe-Odenwald-Tauber

Silphie

 

Energiepflanze feiert Landkreis-Premiere

Landwirt Lothar Derr wagt Pilotversuch – Gärtner Dr. Schreiber zieht Setzlinge

Große Freude bei den Verantwortlichen der Bioenergie-Region Hohenlohe-Odenwald-Tauber GmbH (H-O-T): Erstmals wurde Anfang der Woche im Main-Tauber-Kreis die „Durchwachsene Silphie“ angepflanzt. Auf der Pflanze ruhen große Hoffnungen hinsichtlich der Produktion von Bioenergie. Landwirt Lothar Derr aus Grünsfeld ließ 5000 Setzlinge auf einem 0,3 Hektar großen Feldstreifen pflanzen. Diese wurden von dem Gärtner Dr. Richard Schreiber aus Unterbalbach produziert. Die H-O-T GmbH hatte den Kontakt zwischen dem Gärtner und dem Landwirt hergestellt. Die Geschichte eines besonderen Pilotprojektes.

 


Noch am Montagmorgen hatte Lothar Derr viel telefoniert, um leihweise eine Pflanzmaschine aufzutreiben. Mais und andere Pflanzen werden normal ausgesät, doch bei der Durchwachsenen Silphie sollten besser vorgezogene Setzlinge in den Boden eingebracht werden. Mittags dann war alles parat: die Pflanzmaschine mit Traktor, die 5000 Setzlinge auf einem Anhänger, der Gärtner, die Helfer. Gemeinsam zog der Tross zu einem Feld auf den Höhen über Grünsfeld, in Sichtweite von Lothar Derrs Biogasanlage. Bald setzte sich der Traktor mit der angehängten Pflanzmaschine das erste Mal in Bewegung über das lange, schmale Feld. Die Pflanzmaschine, das ist ein Wagen, auf dem drei Helfer auf einer Bank Platz finden. Sie setzen die Jungpflanze einzeln in ein Verteilerrad ein, das die Jungpflanzen in genau festgelegten Abständen in den Boden einlegt. Vorher teilt eine Art Pflugschar an der Pflanzmaschine den Boden, anschließend wird von den Andruckrollen der Maschine die Furche geschlossen. Landwirt Lothar Derr, mit dem Meterstab in der Hand, kontrollierte genau die Pflanzabstände, achtete darauf, dass die Setzlinge auch richtig in den Boden eingebracht sind. Manches der kleinen Pflänzchen grub er noch einmal von Hand in den Boden. Alles im Blick behielt auch Gärtner Dr. Richard Schreiber, der die Setzlinge gezogen hatte. „Ja, so ist es richtig“, zeigte er sich zufrieden.

Dr. Schreiber (73) hat seine Gärtnerei in Unterbalbach eigentlich bereits an die nächste Generation übergeben, doch immer noch hilft er mit, wenn er gebraucht wird – und der promovierte Gartenbauingenieur interessiert sich noch immer für neue Projekte, steckt noch voller Leidenschaft fürs Gärtnern. Im vergangenen Jahr hatte er in der Zeitung von der Gründung der Bioenergie-Region Hohenlohe-Odenwald-Tauber gelesen, einem Zusammenschluss der drei Landkreise Hohenlohe, Neckar-Odenwald und Main-Tauber. Nach einem bundesweiten Wettbewerb waren die drei Kreise gemeinsam zu einer von 25 „Bioenergieregionen“ in Deutschland gekürt worden. Dr. Schreibers Interesse weckte besonders die Ankündigung, großflächig die Durchwachsene Silphie anzubauen, um Energie zu produzieren. Der Experte wusste, dass die gewöhnliche Aussaat bei intensiver Kultur häufig Probleme verursacht, dass es zu Fehlstellen im Bestand kommen kann. Besser sollte man vorgezogene Exemplare auspflanzen. „Das muss ein Gärtner machen“, dachte sich Dr. Schreiber – und wandte sich an die H-O-T GmbH. Diese stellte zunächst den Kontakt nach Rosenberg her, wo bereits auf einem Versuchsfeld die Durchwachsene Silphie angebaut wird. Von dort bekam Dr. Schreiber auch den Samen für die Pflanzen.

Anfang Dezember 2009 säte der Gärtner den Samen aus, etwa vier Wochen später wurden die Sämlinge pikiert. Dies bedeutet, dass jeder einzelne Sämling mit einem Stift in ein eigenes kleines Pflanzgefäß eingebracht wird und von da an separat weiterwächst. 5000 Pflänzchen zog Dr. Schreiber auf diese Weise heran. Häufig schaute er im harten Winter mitten in der Nacht nach den Pflanzen im Gewächshaus. „Es war ein enormer Pflegeaufwand“, erinnert sich Dr. Schreiber. Weitere vorbehandelte Samen hat er inzwischen an einen befreundeten Jungpflanzenbetrieb in der Rhön zur Aufzucht weitergegeben.

Anfang März wandte sich Dr. Schreiber erneut an die H-O-T GmbH – er suchte einen Abnehmer für die 5000 Jungpflanzen. Geschäftsführer Sebastian Damm und der Regionalbüroleiter für den Main-Tauber-Kreis, Lothar Lauer, sind begeistert von Schreibers Initative. Schließlich sehen sie den Ausbau der erneuerbaren Energie nicht nur als unverzichtbaren Beitrag zum Klimaschutz, sondern auch als Konjunkturprogramm – besonders viel versprechend wäre aus ihrer Sicht gerade der Anbau der Durchwachsenen Silphie zur Energieerzeugung. Derzeit fließen aus dem Main-Tauber-Kreis jährlich 200 Millionen Euro für den Import von Energie ab. „Hier besteht ein erhebliches Potenzial, Wertschöpfung im Landkreis zu halten“, ist Lothar Lauer überzeugt. Dr. Schreiber habe eine regionale Wertschöpfungskette angestoßen: Im Kreis wurden die Jungpflanzen herangezogen, die dann auf einem heimischen Feld zu Energiepflanzen heranwachsen sollen, um dann – ebenso vor Ort – Strom und Wärme daraus zu erzeugen.

Sebastian Damm und Lothar Lauer stellten dann den Kontakt zu dem Grünsfelder Landwirt Lothar Derr her. Dieser betreibt eine große Biogasanlage, die Ende 2007 ans Netz gegangen ist, produziert darin Strom und außerdem Wärme für benachbarte Unternehmen und eigene Betriebszweige. „Lothar Derr hat ganz spontan Ja gesagt, als wir ihm die Jungpflanzen angeboten haben“, berichtet Lothar Lauer. Derr benötigt für seine Biogasanlage Material von etwa 300 Hektar Anbaufläche. Der Anbau der Durchwachsenen Silphie auf einer Fläche von 0,3 Hektar ist daher freilich nur ein Pilotversuch – aber der innovationsfreudige Landwirt kann sich sehr gut vorstellen, die Anbaufläche nach erfolgreicher Erprobung schnell auszudehnen. Vieles spricht für die Durchwachsene Silphie, gerade gegenüber dem Mais besitzt sie als Energiepflanze eine Reihe von Vorteilen. Die Pflanze aus der Familie der Korbblütler bildet durch verwachsene Blattpaare am Stengel kleine „Becher“, in denen sich Tau- und Regenwasser sammelt. Dieses Wasser kann die Pflanze in Trockenzeiten für sich nutzen, wodurch sie gut an trockene Standorte angepasst ist. Außerdem kann sie gut von der Winterfeuchte des Bodens profitieren, was zu hohen Erträgen führt. Ihre hohe Biomasse und Biogasausbeute machen sie nach aktuellem Forschungsstand zur besonders geeigneten „Energiepflanze“. Imker schätzen die Pflanze, da sie für Bienen und andere Insekten interessant ist: Die Durchwachsene Silphie blüht im August und September, wenn andere Felder bereits abgeerntet sind. Nach einer höheren Erstinvestition durch das Auspflanzen von Jungpflanzen – anstelle einer Aussaat – kann die mehrjährige Pflanze etwa zehn Jahre lang jährlich beerntet werden. Da nicht jedes Jahr gesät werden muss, wird weniger Energie für den Anbau verbraucht. Die Beschattung des Bodens durch das Blattwerk führt dazu, dass ab dem zweiten Anbaujahr keine Unkrautbekämpfungsmittel mehr eingesetzt werden müssen. Auch die Bodenerosion wird durch die ganzjährige Begrünung vermieden.

Nach der Pflanzaktion zeigten sich Gärtner Schreiber und Landwirt Derr mit seinen Helfern, Geschäftsführer Damm und Regionalbüroleiter Lauer stolz, zufrieden, glücklich über die Premiere für die Durchwachsene Silphie im Main-Tauber-Kreis. Auch eine Wissenschaftsjournalistin des SWR hatte die Pflanzung verfolgt, die zudem Stoff für einen längeren Fernsehbeitrag im Herbst lieferte.

Bild „Premiere“:

Die „Durchwachsene Silphie“ ist nach aktuellem Forschungsstand besonders geeignet, um daraus erneuerbare Energie zu erzeugen. Am Montag wurden sie im Rahmen eines Pilotversuchs erstmals im Main-Tauber-Kreis ausgepflanzt. Glücklich über die Energiepflanzen-Premiere zeigten sich (von links) Geschäftsführer Sebastian Damm von der Bioenergie-Region H-O-T GmbH, Landwirt und Biogasanlagen-Betreiber Lothar Derr, Gärtner Dr. Richard Schreiber und der Leiter des H-O-T Regionalbüros Main-Tauber-Kreis, Lothar Lauer.

  1. „Pflanzmaschine“:

Die Pflanzmaschine bietet auf einer Bank Platz für Helfer, welche die Setzlinge einzeln in Verteilerräder einlegen: Die Durchwachsene Silphie kann nicht einfach ausgesät werden, lässt sich aber als mehrjährige Pflanze mehrfach beernten.

  1. „Pflanzabstand“:

Die Arbeit mit der Pflanzmaschine gewährleistet gleichmäßige Pflanzabstände.

  1. „Technik“:

 

Technik der Pflanzmaschine: Über drei Verteilerräder werden die Setzlinge in den Boden eingelegt.

Bild „Prüfung“:

Landwirt Lothar Derr (links) und Gärtner Dr. Richard Schreiber kontrollierten gemeinsam, ob die Setzlinge von der Pflanzmaschine richtig in den Boden eingebracht wurden und prüften die Pflanzabstände – zum Teil sogar mit dem Meterstab.

Fotos: Bioenergie-Region Hohenlohe-Odenwald-Tauber GmbH, Markus Moll

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